Tuesday, October 24, 2006

2. Einheit

4.2 Überbau, Totalität
Die kritische Theorie hat sich als Aktualisierung des Emanzipationsprozesses des 17./18. Jahrhunderts gesehen.

Marx: die Menschen im Überbau (also den gesellschaftlichen Sphären wie Kunst, Politik, Familie etc., eben nicht in der Sphäre der Ökonomie) werden sich ihrer Konflikte bewußt.

Da der Produktionsapparat (Ökonomie) aber auch Eingriffen unterworfen ist, also nicht nur auf den Überbau wirkt, sondern auch Wechselwirkungen zurückkommen, ist das Gesellschaftsmodell nicht linear kausal!

Man kann aber sagen, daß erst die Herausbildung eines getrennten zentralen Gewaltapparates (ab dem 15. Jhdt.) die Bereiche des Überbaues entstehen ließ.
Erst der Kapitalismus hat den Überbau produziert und geschaffen. (z.B der Künstler als Beruf, der Politiker als Beruf...)

Althusser: hat dafür den Begriff der „expressiven Kausalität“ verwendet, der Überbau ist also ein „Ausdruck der Ökonomie“, damit ist die Totalität des Systems geschlossen.

Will man von Totalität sprechen und das ganze begreifen, muß der Punkt, von dem aus man betrachtet, außerhalb der Totalität sein.

Es ist möglich, diese Totalität zu begreifen, weil sie eine konstruierte, erzeugte ist.
Gleichzeitig mit der Produktion eines Gegenstandes werden auch Verhältnisse konstruiert (z.B. mit der Herstellung einer Bank für die Verwendung in einem Vorlesungssaal wird das Verhältnis Vortragender / Studenten konstruiert und reproduziert).

Im Prozeß des Erzeugens können die Verhältnisse gesehen werden. Wir können die Wahrheit erkennen, weil wir die Totalität selbst erzeugen und reproduzieren.
Diese Überlegung wurde besonders ausführlich von Georg Lukacs geführt.

4.3 Georg Lukacs
bezeichnete die ständige Erzeugung der Verhältnisse (man ist sich der Erzeugung nicht bewußt!) als Verdinglichung. Lukacs hat die Vorstellung, daß die Realität aus einem bestimmten Klasseninteresse (Bürgertum) so dargestellt wird, wie wenn es immer schon so war und nie vergehen wird. („es ist einfach so“ -> unveränderlich)

Weil etwas „gegeben ist“, weil es „so ist“, wird eine moralische Norm aufgestellt, „man muß sich so und so verhalten“.

Lukacs: “Die Welt ist produziert von Arbeitern, darum haben sie auch potentiell die Möglichkeit, sich die Welt wieder anzueignen (bzw. die Totalität zu erkennen).“

Nach Lukacs eignet sich die (vorher leidende) Arbeiterklasse die Welt wieder an, das Subjekt und das Objekt werden eins.

4.3.1 Kritik an Lukacs (Adorno, Horkheimer, Hajek)
Für Adorno und Horkheimer hat in diesem Modell die individuelle Vielfalt keinen Platz.
Kritiker (z. B. Hajek) würden sagen, daß sich z.B. Märkte evolutiv herausbilden und nicht gestört werden sollten.

Max Horkheimer
brachte in den 1930ern einige neue Argumente in die Gesellschaftstheorie ein.

Marktliberale Vorstellungen des 19. Jhdt.: die bürgerliche Gesellschaft verspricht eine Zufriedenstellung von Individuum und Kollektiv (Einzelinteresse und Kollektivinteresse lösen sich auf).

Für Horkheimer kommt es aber immer mehr zu Irrationalismen, Divergenzen von Einzel- zu Kollektivinteressen, Zunahme von Aberglauben etc., also der Orientierung am Metaphysischen.

Der Konflikt zwischen Einzelnem und Kollektiv wird nicht mehr gelöst, sondern es kommt immer mehr zum Unterordnen unter ein metaphysisches Kollektiv.

Frage: Warum unterordnen sich Individuen solchen Totalismen???
Für Horkheimer wird in der Krise des Kapitalismus der 1920er auf den Universitäten nicht mehr kollektiv, universal, gemeinsam agiert um „Wahrheit zu entdecken“, sondern jede Disziplin verfolgt ihre eigene Logik. Nach Horkheimer müssen die einzelnen Wissenschaften aber im Lichte des Ganzen betrachtet werden!

Hinzu kommt noch die Ebene der psychischen Prozesse in das Modell hinzu. (psychische Ebene zwischen Ökonomie und Überbau)

Horkheimer führt auch die Lebensstilforschung ein -> wie praktizieren gewisse soziale Klassen ihr Leben?
Horkheimer fragt: warum folgen Individuen autoritären Führern???
Durch Zwang? Der kann vieles nicht erklären, Hitler wurde in Deutschland zum Beispiel gewählt.
Es liegt nach Horkheimer in der Tiefenstruktur des individuellen Charakters, Autoritäten zuzusprechen und zu folgen – unabhängig eigentlich davon, welche Ideologie von dem Führer verfolgt wird.

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